Künstliche Intelligenz wandelt die Klimaforschung

Sparsamere KI-Verfahren können mit Big Data und historischen Wetterdaten eleganter umgehen als klassische Simulationen. Sie verändern so die Klimaforschung.

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(Bild: ESA)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Andreas Sudmann
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Nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels wächst auch die Unsicherheit bezüglich der Wettervorhersage. Es gilt, selbst in regional ungewöhnlichen Lagen möglichst genauer als bisher zu prognostizieren, ob zum Beispiel in den nächsten Tagen bloß mit starkem Wind oder mit einem verheerenden Orkan zu rechnen ist. Aktuelle KI-Verfahren haben die Wetterprognose verbessert. Googles KI-Unternehmen DeepMind stellte Ende 2023 sein System GraphCast vor. Das haben die Google-Entwickler mithilfe maschineller Lernverfahren auf historische Wetterdaten von vier Dekaden trainiert. Mit der Rechenpower von nur einem KI-Prozessor Google TPU v4 sagt GraphCast die Wetterbedingungen bis zu zehn Tage im Voraus schneller und in der großen Mehrzahl auch präziser voraus als der bis dahin maßgebliche Ansatz, der Wettervorhersagen aufwendig numerisch auf einem Supercomputer simuliert.

Andreas Sudmann

Andreas Sudmann forscht als Medienwissenschaftler an der Universität Bonn und ist Koordinator der internationalen Forschungsgruppe HiAICS (How is Artificial Intelligence Changing Science? Research in the Era of Learning Algorithms).​

Derzeit untersucht eine internationale Forschungsgruppe, wie Verfahren der künstlichen Intelligenz, insbesondere auf Grundlage künstlicher neuronaler Netzwerke (KNN) sowie allgemeiner maschineller Lernverfahren (ML), in Praxis und Methoden der wissenschaftlichen Forschung eingreifen. Ein zentraler Fokus des Projekts ist die Klimaforschung.

KI verbessert nicht nur kurzfristige Wetterprognosen, sie hilft zum Beispiel auch, langfristige Entwicklungen des Klimawandels zu prognostizieren sowie überhaupt das komplexe Phänomen Klima besser zu verstehen. Auch dabei dient KI dazu, historische Daten zu analysieren. Bereits Ende 2022 hat ein Forschungsteam an der Sorbonne in Paris einen Ansatz vorgestellt, mit dem es die Veränderungen der sogenannten globalen Oberflächenlufttemperatur (Global Surface Air Temperature – GSAT) von 1900 bis 2014 untersuchte. Der Informatiker Constantin Bône und seine Kollegen analysierten die globalen Veränderungen der mittleren Oberflächentemperatur und überschlugen mit KI-Methoden, zu welchem Anteil sich die steigende Konzentration von Treibhausgasen, menschengemachte Aerosole sowie eine Reihe natürlicher Einflüsse wie Schwankungen der Sonneneinstrahlung und der Ozonschicht darauf ausgewirkt haben. Grundlage für den neuen Ansatz war ein klassisches Convolutional Neural Network (CNN), eine spezifische Variante künstlicher neuronaler Netzwerke, die Forscher bereits seit Jahren für viele KI-getriebene Anwendungen nutzen. Mit KI zu forschen, bedeutet also nicht automatisch, stets die jeweils aktuellsten Modelle einzusetzen.